10.9.2024
Mit Urteil vom 29. Februar 2024 - 4 K 131/20 entschied das FG Hamburg in einem Fall, in dem der Käufer von aus Fernost eingeführten Schuhen auf der Grundlage eines mit seiner Muttergesellschaft abgeschlossenen Unterlizenzvertrages an diese Lizenzgebühren für die Nutzung einer Marke zu zahlen hatte. Das Markenrecht hatte die Muttergesellschaft zuvor vom eigentlichen Markeninhaber im Rahmen des Hauptlizenzvertrages erhalten. Die Besonderheit lag in diesem Fall darin, dass weder der Hauptlizenzgeber (Markeninhaber), noch der Unterlizenzgeber (die Muttergesellschaft) mit den Herstellern wirtschaftlich verbunden waren. Daher vertrat die Klägerin u.a. die Auffassung, dass die Lizenzgebühren nicht nach den Bedingungen des Kaufgeschäftes zu entrichten wären, da die Verkäufer die Zahlung derselben vom Käufer an die Muttergesellschaft nicht verlangten.
Das Urteil bezieht sich auf Einfuhren vor dem 1.5.2016. Daher war in diesem Fall noch das Zollkodexrecht maßgeblich. Unabhängig davon können aus dem Urteil aber auch Rückschlüsse für Fälle gezogen werden, für die der UZK anzuwenden ist.
Im entschiedenen Fall meldete die Klägerin A in den Jahren 2014 und 2015 in indirekter Vertretung für die D AG (Sitz in der Schweiz) Schuhe zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Die D AG gehört zur E-Unternehmensgruppe. Die E AG, ebenfalls mit Sitz in der Schweiz, war zu 100 % an der D AG beteiligt. Die E AG erbrachte für die D AG entgeltlich Dienstleistungen im Bereich Marketing, Personal, Versicherung, Marktforschung und Auswertung.
Im Rahmen einer Außenprüfung bei A traf das zuständige Hauptzollamt die dem Grunde nach streitige Feststellung, dass die von der D AG an die E AG nach einem Unterlizenzvertrag zu zahlenden Lizenzgebühren dem Zollwert der eingeführten Schuhe hinzuzurechnen seien. Hierfür errechnete das HZA einen der Höhe nach unstreitigen Zuschlagsatz von 17,7 % bezogen auf den Einfuhrpreis sowie weitere nicht streitbefangene Zuschläge. Entsprechend erhob das HZA mit dem angegriffenen Einfuhrabgabenbescheid Einfuhrzoll und EUSt gegenüber A nach.
Mit ihrem Einspruch wandte sich A ausschließlich gegen die Hinzurechnung der Lizenzgebühren dem Grunde nach. Den Einspruch wies das beklagte HZA zurück. Dagegen erhob A Klage. Sie begründete die Klage damit, dass die nachträgliche Festsetzung von Einfuhrabgaben rechtswidrig sei, soweit dem Zollwert Lizenzgebühren als abgespaltener Kaufpreisbestandteil hinzugerechnet worden seien. Die Zahlungen seien nicht als Lizenzgebühren für die Marke "XX", sondern für das Recht auf Alleinvertrieb in allen Ländern geleistet worden. Des Weiteren seien die Zahlungen auch nicht Bedingung für das Kaufgeschäft zwischen den Lieferanten und der D AG gewesen.
Streitig war zwischen den Beteiligten also letztendlich, ob die nach dem Unterlizenzvertrag geschuldeten Zahlungen dem Grunde nach in die streitbefangene Zollwertberechnung einzubeziehen sind. Dies war nach Ansicht des FG Hamburg der Fall, da es sich um Lizenzgebühren (1) gehandelt hat, die sich auf die eingeführten Waren bezogen haben (2) und nach den Bedingungen des Kaufgeschäftes entrichtet wurden (3).
(1) Zunächst sah das FG Hamburg die von der D AG an die E AG nach dem Unterlizenzvertrag entrichteten Zahlungen als Lizenzgebühren im zollwertrechtlichen Sinne an, da sie für die Nutzung von gewerblichen Schutzrechten (im vorliegenden Fall für ein Markenrecht) geleistet wurden. Damit erteilte das FG der Auffassung der Klägerin, dass es sich bei den streitbefangenen Zahlungen um Alleinvertriebsgebühren gehandelt haben soll, eine Absage. Letztlich kommt es nach der EuGH-Rechtsprechung in der Sache 5th Avenue Trading Products GmbH (Urt. v. 19.11.2020 C-775/19, ECLI:EU:2020948) darauf aber auch nicht an, da der Begriff "Bedingung des Kaufgeschäfts" im Kontext des Art. 32 Abs. 1 Buchst. c ZK (Hinzurechnungsvoraussetzung bei Lizenzgebühren) und des Art. 32 Abs. 5 Buchst. b ZK i.V.m. Art. 29 Abs. 3 Buchst. a ZK (Voraussetzung für die Einbeziehung einer Alleinvertriebsgebühr als abgespaltener Kaufpreisbestandteil in den Zollwert) dieselbe Bedeutung hat.
(2) Die Lizenzgebühren für die Inanspruchnahme des Markenrechts bezogen sich nach den Feststellungen des FG auch auf die eingeführten Schuhe, da diese bei der Einfuhr bereits mit der Marke "XX" versehen waren. Daher handelte es sich um Markenware, die einen höheren Wert besitzt als Nichtmarkenware.
(3) Letztlich kommt das FG auch zu dem Ergebnis, dass die Lizenzgebühren von der D AG nach den Bedingungen des Kaufgeschäftes entrichtet wurden. Gerade das Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzung war strittig. Denn eine Lizenzgebühr, die der Käufer (hier die D AG) an einen Dritten (hier die E AG) zahlt, galt nach Art. 157 Abs. 2 ZKDVO i.V.m. Art. 160 ZKDVO nur dann als nach den Bedingungen des Kaufgeschäftes entrichtet, wenn der Verkäufer oder eine mit diesem verbundene Person die Zahlung an diese dritte Person vom Käufer verlangt. Im vorliegenden Fall waren die asiatischen Verkäufer aber nicht wirtschaftlich mit der E AG als Unterlizenzgeber verbunden.
Allerdings gelten (seinerzeit nach Art. 143 Abs. 1 Buchst. e ZKDVO; heute: Art. 127 Abs. 1 Buchst. e UZK-IA) Personen auch dann als verbunden, wenn eine von ihnen unmittelbar oder mittelbar die andere kontrolliert. Dies ist nach einer Anm. zu Art. 143 Abs. 1 Buchst. e ZKDVO in Anhang 23 ZKDVO dann der Fall, wenn die kontrollierende Person rechtlich und tatsächlich in der Lage ist, der anderen Beschränkungen aufzuerlegen oder Anweisungen zu erteilen. Davon hatte sich das FG also ein Bild zu machen. Hierbei hat es als Hilfsmittel den damaligen Kommentar Nr. 11 aus dem Kompendium der Zollwerttexte der EU herangezogen, der einen Katalog mit Indikatoren enthielt, die für eine solche Kontrollsituation sprechen. Bei dieser Prüfung kam das FG zu dem Schluss, dass mehrere Indikatoren in einer ausreichend aussagekräftigen Kombination vorliegen und somit von einer Verbundenheit zwischen dem Unterlizenzgeber E AG und den Verkäufern im zollwertrechtlichen Sinne auszugehen ist. Daher wurden die Lizenzgebühren vom beklagten Hauptzollamt zu Recht als nach den Bedingungen des Kaufgeschäftes entrichtet angesehen und in den Zollwert einbezogen.
Das Urteil wird - versehen mit einer ausführlichen Anmerkung - mit der 143. Ergänzungslieferung in Fach 7500 aufgenommen.
SV