Zwangsbehandlung

24.5.2024

Der Schlussbericht zum Forschungsvorhaben „Evaluierung des Gesetzes zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Zwangsmaßnahmen und zur Stärkung des Selbstbestimmungsrechts von Betreuten vom 17. Juli 2017“ ist vor Kurzem veröffentlicht worden. Dazu sei an dieser Stelle auch an den aktuellen Vorlage-Beschluss des BGH v. 8.11.2023 – XII ZB 459/22 an das BVerfG betreffend Zwangsbehandlung erinnert:

„Es wird eine Entscheidung des BVerfG zu der Frage eingeholt, ob es mit der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgenden Schutzpflicht des Staates unvereinbar ist, dass § 1906 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 BGB für die Einwilligung des Betreuers in eine ärztliche Zwangsmaßnahme die Durchführung der Maßnahme in einem Krankenhaus auch bei solchen Betroffenen voraussetzt, die aus medizinischer Sicht gleichermaßen in der Einrichtung, in der sie untergebracht sind und in der ihre gebotene medizinische Versorgung einschließlich ihrer erforderlichen Nachbehandlung sichergestellt ist, zwangsbehandelt werden könnten und die durch die Verbringung in ein Krankenhaus zwecks Durchführung einer ärztlichen Zwangsmaßnahme in ihrer Gesundheit beeinträchtigt werden.“

Beim Bundesverfassungsgericht wird das Verfahren unter dem Aktenzeichen BVerfG 1 BvL 1/24 geführt. Das Gericht hat zunächst Stellungnahmen etlicher Verbände und anderer Organisationen eingeholt.

In dem diesen Verfahren zugrundeliegenden Fall hatte die Betroffene auf notwendige Zwangsbehandlungen in einem Krankenhaus regelmäßig mit einer Retraumatisierung reagiert.

Verbreitet wird allerdings befürchtet, dass erste Ausnahmen vom Verbot einer sogenannten ambulanten Zwangsbehandlung zu einer Art „Dammbruch” führen würden. So lehnt z.B. der BGT in einer Stellungnahme jede Lockerung strikt ab.

Andererseits bedeutet dies letztlich, dass einzelne Menschen im Interesse der Mehrheit quasi „geopfert“ werden, in diesem Fall also einzelne Personen den Strapazen einer Zuführung und den sich daraus ergebenden zusätzlichen gesundheitlichen Nachteilen ausgesetzt werden, um eine Ausweitung der sogenannten ambulanten Zwangsbehandlung im Interesse Dritter zu vermeiden. Die Rahmenbedingungen sind auch gerade so gestaltet, damit gegenüber der Beantragung bzw. Genehmigung einer Zwangsbehandlung eine möglichst hohe Hemmschwelle besteht. Zum Teil wird deshalb auch gefordert, dass ambulante Zwangsbehandlung grundsätzlich zulässig sein sollen, so plädiert z.B. der BVfB dafür, Zwangsbehandlungen sogar in der eigenen Wohnung zuzulassen.

Der BdB sieht das in seiner Stellungnahme differenzierter und kann sich eine Lockerung der jetzt geltenden Regelungen allenfalls unter sehr engen Voraussetzungen vorstellen. Es müsste dann z.B. gewährleistet sein, dass u.a. durch den Einsatz speziell fortgebildete Betreuer und Verfahrenspfleger solche Zwangsbehandlungen auf ein unvermeidbares Minimum beschränkt bleiben und in jedem Einzelfall festgestellt wird, ob die Behandlung im eigenen Wohnbereich tatsächlich zu einer geringeren Belastung als die Behandlung in einem Krankenhaus in Verbindung mit einer Zuführung führen würde.


Verlag C.F. Müller

zurück zur vorherigen Seite