Update #63: Solarpaket I verabschiedet

Wen betrifft es? Stromerzeuger (27.2.2024)

Der Ausbau der Solarenergie ist einer der Grundpfeiler für die Energiewende (Praxishandbuch, 2. Teil, 1. Kap, Teil A). Er wurde durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und der dadurch erforderlichen Kappung der Gaslieferungen aus Russland noch einmal wichtiger. Deshalb hat die Bundesregierung unter anderem das Solarpaket I auf den Weg gebracht. Damit sollen Bau und Betrieb von Photovoltaikanlagen, insbesondere auf Dächern und Gebäuden, entbürokratisiert und der Zubau von Photovoltaik weiter beschleunigt werden. Im Einzelnen:

  • Entbürokratisierung bei Balkon-PV durch Meldevereinfachungen
    Balkon-PV-Anlagen sollen möglichst unkompliziert in Betrieb genommen werden. Hierfür soll die vorherige Anmeldung beim Netzbetreiber entfallen und die Anmeldung im Marktstammdatenregister auf wenige, einfach einzugebende Daten beschränkt werden. Außerdem soll die Inbetriebnahme von Balkon-PV-Anlagen nicht dadurch behindert werden, dass zunächst ein Zweirichtungszähler eingebaut werden muss. Daher sollen übergangsweise bis zur Installation eines geeichten Zweirichtungszählers rückwärtsdrehende Zähler geduldet werden. Schließlich sollen bei Balkon-PV in Zukunft auch Schukostecker zulässig sein.  
     
  • Flexibilisierung bestehender Schwellenwerte, insbesondere für Gewerbe-PV
    Bisher sind Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 100 kW zur Direktvermarktung verpflichtet. Dies führte jedoch bei Anlagen, die überwiegend Strom zum Selbstverbrauch betreiben und nur wenig Überschussstrom haben, zu der Situation, dass die Direktvermarktungskosten höher waren als die Erlöse daraus, was wiederum den unerwünschten Folgeeffekt hatte, dass viele Unternehmen ihre PV-Anlagen unter 100 kW dimensionierten, obwohl sie eigentlich mehr brauchen würden. Um diesen Effekt zu beenden, soll die Direktvermarktungspflicht für Anlagen > 100 kW wieder aufgehoben werden.
     
  • Einführung der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung
    Dieses neue Modell ermöglicht eine bürokratiearme Lieferung von PV-Strom innerhalb eines Gebäudes. Die Weitergabe von PV-Strom an zum Beispiel Wohn- oder Gewerbemieter oder Wohnungseigentümer soll weitestgehend von den energiewirtschaftlichen Lieferantenpflichten ausgenommen und die Betreiber der PV-Anlage insbesondere von der Pflicht zur Reststromlieferung befreit werden. Aufgrund dieser Befreiungen ist in Abgrenzung zum eigenständig fortbestehenden Mieterstrommodell keine zusätzliche Förderung der in diesem Modell innerhalb des Gebäudes genutzten Strommengen vorgesehen. Die Überschusseinspeisung in das Netz wird wie gewohnt nach dem EEG vergütet.
     
  • Verbesserungen beim Mieterstrom
    Der Mieterstrom (Praxishandbuch, 2. Teil, 4. Kap, B. III. 3. c) wird in Zukunft auch auf gewerblichen Gebäuden und Nebenanlagen wie Garagen gefördert, solange der Stromverbrauch ohne Netzdurchleitung erfolgt. Durch eine Vereinfachung in den Regeln zur Anlagenzusammenfassung werden zudem unverhältnismäßige technische Anforderungen vermieden, die bislang gerade in Quartieren häufig ein Problem dargestellt haben.
     
  • Vereinfachung bei der Direktvermarktung bis 25 kW
    Die Vorgaben zur technischen Ausstattung kleinerer Anlagen bis 25 kW in der Direktvermarktung werden gelockert. Hintergrund ist, dass Direktvermarktungsunternehmen regelmäßig nur auf größere Anlagen steuernd zugreifen. Es ist daher nicht erforderlich, im Verhältnis von Anlagenbetreiber mit Direktvermarktungsunternehmen in diesem Segment gesetzliche Vorgaben zur technischen Ausstattung zu machen. Die optionale Direktvermarktung für kleinere PV-Anlagen wird dadurch günstiger. Im bilateralen Vertrag kann dennoch eine Einigung zur Steuerbarkeit, etwa über ein Smart Meter, erfolgen
     
  • Erschließung von Gebäuden im Außenbereich
    Die Möglichkeit zur Förderung von Anlagen auf Gebäuden im Außenbereich wird erweitert. Die bestehende EEG-Regelung, die verhindern soll, dass neue Gebäude im Außenbereich mit dem alleinigen Zweck des Baus einer PV-Anlage errichtet werden, wird grundsätzlich beibehalten, aber der entscheidende Stichtag wird auf den 1. März 2023 verschoben. Dächer bereits bestehender Gebäude können dann kostendeckend mit PV belegt werden.
     
  • Repowering von Dachanlagen
    Auch für Dachanlagen werden die Regelungen für umfangreiche Erneuerungen von bestehenden Anlagen deutlich verbessert, um z.B. den Einsatz von effizienteren Modulen unabhängig von dem Vorliegen eines Schadens an den einzelnen Modulen zu ermöglichen.
     
  • Ausbau von Freiflächenanlagen
    Generell sollen jetzt noch mehr Freiflächen für Solarparks zur Verfügung gestellt werden, allerdings weiterhin bei Wahrung landwirtschaftlicher und naturschutzfachlicher Interessen.
    So wird in den Ausschreibungen ein eigenes Untersegment mit einem eigenen Höchstwert für besondere Solaranlagen (Agri, Floating, Moor, Parkplatz) eingeführt. Es wird ein schrittweiser Aufwuchs der Ausschreibungsmengen für besondere Solaranlagen im Rahmen der bestehenden Freiflächenausschreibungen auf bis zu 3.000 MW pro Jahr eingeführt. Die sogenannten benachteiligten Gebiete der Landwirtschaft werden grundsätzlich für die Förderung klassischer PV-Freiflächenanlagen geöffnet und mit einer Opt-Out-Option für die Länder verbunden, wenn ein bestimmter Anteil landwirtschaftlich genutzter Flächen bereits durch PV-Anlagen genutzt wird. Auf diese Weise wird die Flächenkulisse weiter erhöht.

    Allerdings wird der zusätzliche Zubau von Photovoltaik auf landwirtschaftlich genutzten Flächen auf ein Maximum von 80 Gigawatt bis 2030 beschränkt. Außerdem wird im EEG klargestellt, dass mindestens 50 % der PV auf, an oder in Gebäuden oder Lärmschutzwänden errichtet werden soll. Extensivere Agri-PV-Anlagen auf bestimmten Flächen, die vertikal oder mit einer lichten Höhe von mind. 2,10 Metern aufgeständert sind, erhalten einen Bonus, wenn sie Kriterien zur Extensivierung, wie die Vermeidung des Einsatzes von Herbiziden nachweisen. Schließlich wird ein Recht zur Verlegung von Anschlussleitungen für alle Erneuerbare-Energien-Anlagen (nicht nur PV-Anlagen) auf Grundstücken sowie Verkehrswegen eingeführt. Hierzu mussten bislang mit jedem Grundstückseigentümer Gestattungsverträge ausgehandelt werden, was zu erheblichen Ineffizienzen und Verzögerungen führte.

    Die Details des Solarpakets I finden sich auf der Internetseite der Bundesregierung. Das Paket soll Anfang dieses Jahres in Kraft treten.


Verlag C.F. Müller

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