21.2.2023
Mit dem Ende Januar 2023 veröffentlichten Urteil vom 27. Oktober 2022 14 K 588/20 entschied das FG München, dass eine nachträgliche pauschale Anpassung der Verrechnungspreise in Form einer Nachbelastung durch den Verkäufer an den verbundenen Käufer keine Auswirkungen auf die für die eingeführten Waren unterjährig ermittelten Zollwerte hat.
Im entschiedenen Fall bezog die Klägerin in den Jahren 2014 bis 2017 Waren aus dem Drittland von mit ihr verbundenen Konzerngesellschaften. Dabei meldete sie die unterjährig gezahlten Verrechnungspreise aus den Intercompany Rechnungen als Grundlage für die Zollwertermittlung an. Diese Verrechnungspreise wurden auf der Grundlage eines Distribution Agreements nach der Transaktionsbezogenen Nettomargenmethode ermittelt. Demnach wurden die Preise gebildet, indem von Listenpreisen an Endkunden, welche die amerikanische Muttergesellschaft vorgegeben hatte, eine anhand einer Datenbankanalyse ermittelte fremdübliche Nettomarge für die Klägerin in Höhe von 1,93% und die geplanten operativen Kosten der Klägerin abgezogen wurden.
Tatsächlich erzielte die Klägerin in den betroffenen Jahren dann aber Umsatzrenditen (Nettomargen) von deutlich mehr als 20%. Daher erstellten die liefernden Konzerngesellschaften nachträglich Nachbelastungen in Form von Debit Notes, um die zu hohen Margen der Klägerin auf die fremdübliche im Vorfeld der Lieferungen festgelegte Marge von 1,93% anzupassen. Diese Nachbelastungen nahm die Zollbehörde zum Anlass, die unterjährig angemeldeten Verrechnungspreise - da diese zu niedrig gewesen und somit aufgrund der Verbundenheit beeinflusst gewesen seien - zu korrigieren und entsprechend Zollabgaben nachzuerheben.
Hiergegen richtete sich Klage. Dabei bezog sich die Klägerin insb. auf die Urteile des EuGH in der Rs. C-529/16 (Hamamatsu) und vor allem des BFH VII R 2/19 (Hamamatsu), mit denen die beiden Gerichte im Ergebnis entschieden, dass nachträgliche pauschale Verrechnungspreisanpassungen keine Auswirkungen auf die zum maßgebenden Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldungen festgesetzten Zollwerte mehr haben können.
Das FG München schließt sich dem im vorliegenden Fall an und verweist unter Bezugnahme auf das o.a. Urteil des BFH darauf, dass die Zollwertermittlung eine waren- und stichtagsbezogene Wertermittlung sei. Der maßgebende Zeitpunkt für die Bestimmung des Zollwerts sei der Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld (Art. 85 UZK), also der Zeitpunkt, in dem die betroffenen Zollanmeldungen angenommen wurden (Rz. 53). Selbst wenn man im vorliegenden Fall - so das FG - der Auffassung des HZA folgen würde, dass sich durch die späteren Feststellungen des Prüfungsdienstes im Jahr 2017 eine Verbundenheit der Klägerin mit ihrer Konzerngesellschaft ergeben haben sollte, die den Preis beeinflusst habe, wäre dies für den maßgebenden Zeitpunkt der Zollanmeldung unbedeutend (Rz. 52).
Das FG München weist darauf hin, dass die Nachweispflicht im Falle einer Nacherhebung beim HZA liege. Dieses müsse darlegen und ggf. belegen, dass bzw. inwieweit Abgaben zu niedrig festgesetzt worden seien (Rz. 57). Im vorliegenden Fall hätte das HZA nicht nachgewiesen, dass die von der Klägerin entrichtete Zollschuld im Zeitpunkt der Annahme der jeweiligen Zollanmeldung höher festzusetzen gewesen wäre (Rz. 58). Denn die Beteiligten hätten den Zollwert auf der Grundlage der unterjährig in Rechnung gestellten Preise nach der Transaktionswertmethode bestimmt. Im Zeitpunkt der Annahme der Zollanmeldungen, die nicht als unvollständig abgegeben wurden, hätten keine Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass diese Preise nicht den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der eingeführten Waren widergespiegelt und nicht alle Elemente dieser Waren, die einen wirtschaftlichen Wert gehabt haben, berücksichtigt hätten oder dass eine Preisbeeinflussung durch Verbundenheit vorgelegen hätte (Rz 59). Daher habe der Zollwert auf der Grundlage des unterjährig angemeldeten Zollwerts ermittelt werden können (Rz. 60).
Letztlich weist das FG München noch darauf hin, dass nach den Hamamatsu-Entscheidungen des EuGH und des BFH auch bei einer Zollwertermittlung nach der Schlussmethode auf den Zeitpunkt der Einfuhr abzustellen sei. Daher sei das Dictum des EuGH, demzufolge es der ZK nicht zulässt, als Zollwert einen Transaktionswert zugrunde zu legen, der sich teilweise aus einem zunächst in Rechnung gestellten und angemeldeten Betrag und teilweise aus einer pauschalen Berichtigung nach Ablauf des Abrechnungszeitraums zusammensetzt, ohne dass sich sagen lässt, ob am Ende des Abrechnungszeitraums diese Berichtigung nach oben oder nach unten erfolgen wird, auch für die Zollwertermittlung nach der Schlussmethode gem. 31 ZK (heute: Art. 74 Abs. 3 UZK) maßgeblich (Rz. 55). Denn wenn im Zeitpunkt der Zollanmeldung nicht feststehe, ob am Ende des Abrechnungszeitraums überhaupt eine Berichtigung vorzunehmen sein werde und ob, falls dies der Fall sei, diese nach oben oder nach unten zu erfolgen habe, dann sei der auf diese Weise ermittelte- bzw. nach Ablauf des Abrechnungszeitraums tatsächlich erst noch zu ermittelnde Warenwert im Zeitpunkt der Zollanmeldung nicht i.S. von Art. 8 Abs. 3 GATT-Zollwert-Kodex quantifizierbar (Rz. 56). Dies sei auch hier der Fall (Rz. 63).
Allerdings lässt das FG München auch in diesem Fall die Revision zu, weil die Frage, ob auch Nachbelastungen von unterjährig angemeldeten Verrechnungspreisen den Zollwert nach Art. 31 ZK (bzw. heute: Art. 74 Abs. 3 UZK) bilden können, höchstrichterlich noch nicht entschieden ist. Das betroffene HZA hat die Revision inzwischen eingelegt.
SV