18.2.2022
Mit Urteil vom 27. Januar 2022 - 14 K 2609 /18 - entschied das FG München, dass bei der Ermittlung des Zollwerts von eingeführten Steuergeräten Entwicklungskosten für Software, welche die Klägerin innerhalb der EU entwickelt und dem Hersteller der Steuergeräte unentgeltlich zur Verfügung gestellt hatte, zu berücksichtigen sind. Zuvor hatte das FG München diese Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Der EuGH entschied mit Urteil vom 10. September 2020 C-509/19 - BMW -, dass Art. 71 Abs. 1 Buchst. b UZK dahin auszulegen ist, dass er es erlaubt, bei der Ermittlung des Zollwerts einer eingeführten Ware ihrem Transaktionswert den wirtschaftlichen Wert einer Software hinzuzurechnen, die in der Europäischen Union erarbeitet und dem in einem Drittstaat ansässigen Verkäufer unentgeltlich vom Käufer zur Verfügung gestellt wird. Er begründet dies damit, dass sich bereits aus dem Wortlaut von Art. 71 Abs. 1 Buchst. b UZK, der ausdrücklich auf „Gegenstände“ oder auf „Leistungen“ verweist, ergibt, dass der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht auf materielle Güter beschränkt ist. Er kommt zu der Entscheidung, dass immaterielle Güter sowohl unter Art. 71 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i UZK als auch unter Art. 71 Abs. 1 Buchst. b Ziff. iv UZK fallen können. Dabei verweist der EuGH in seinen Entscheidungsgründen auf die Schlussfolgerung Nr. 26 im Kompendium der Zollwerttexte der EU. Demnach sei abzugrenzen, ob die vom Käufer zur Verfügung gestellte Software zur Herstellung der Einfuhrware benötigt wird und damit als geistige Beistellung nach Art, 71 Abs. 1 Buchst. b) Ziff. iv UZK anzusehen ist, oder aber auf der Einfuhrware aufgebracht wird, um deren Funktionalität zu ermöglichen, zu verbessern oder zu erweitern und dann als Materialbeistellung nach Art. 71 Abs. 1 Buchst. b Ziff.) UZK gilt.
Das FG München versteht die Abgrenzung zwischen diesen beiden Tatbeständen nun so, dass das Aufbringen der Software auf die Einfuhrware zur Steigerung der Funktionalität entscheidend für die Hinzurechnung der Entwicklungskosten ist, und zwar selbst dann, wenn die Software auch zur Herstellung der Einfuhrware benötigt wird. Wird die Software hingegen lediglich zur Entwicklung (Anm.: hier verschreibt sich das Gericht! Es müsste eigentlich „zur Herstellung“) der Einfuhrware benötigt und nicht auf die Einfuhrware aufgebracht, gehören die Entwicklungskosten nicht zum Zollwert nach Art. 71 Abs. 1 Buchst. b) Ziff. iv) UZK, wenn sie innerhalb der Union erarbeitet worden ist.
Im vorliegenden Fall besteht für das FG München kein Zweifel daran, dass die Software aufgrund ihrer Funktionalität zur Verbindung mehrerer Elemente den Steuergeräten einen tatsächlichen Wert verleiht, der höher ist als ihr Transaktionswert. Ohne die Software wären die Steuergeräte in der benötigten Weise nicht einsetzbar, weil ansonsten die Funktionsfähigkeit und Verwendungsfähigkeit der Steuergeräte nicht gewährleistet ist. Daher hat das HZA die Entwicklungskosten nach Ansicht des FG München zu Recht in die Zollwerte der Steuergeräte einbezogen.
Allerdings hat das FG München wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen.
Das Urteil wird mit einer ausführlichen Anmerkung von Stefan Vonderbank in Fach 7500 aufgenommen.
SV